Einnahme von Finasterid gegen Haarausfall bei Frauen umstritten

Auch für weibliche Patienten ist Haarausfall sehr schmerzlich und belastend. Sie leiden meist noch stärker unter ihrem Haarverlust als Männer.In einer Umfrage gaben 80% der von Haarausfall betroffenen Frauen einen starken subjektiven Leidensdruck an. Obwohl es zahlreiche Formen und Krankheitsursachen für den Haarverlust bei Frauen gibt, ist die am häufigsten auftretende Form der sogenannte androgenetische/genetische Haarausfall, welcher in mehr als 60% der Fälle von Haarverlust bei Frauen auftritt. Er kann jederzeit nach Abschluss der Pubertät auftreten und sich dann über Jahre hinweg weiter ausbreiten. Der weibliche androgenetische Haarausfall entspricht fast dem Haarverlust von Männern und zeigt ähnliche Veränderungen innerhalb der Haarfollikel/Haarwurzel, erfolgt jedoch meistens nach einem anderen Haarausfallschema, welches unter der Ludwig Klassifikation beschrieben worden ist.

Während Männer eher an einer zentralen Ausdünnung im Vorderkopf- und Schläfenbereich (Geheimratsecken) leiden, leiden Frauen eher unter einem zentralen, diffusen Haarausfall mit Hauptkonzentration im oberen Kopfbereich oder einer verstärkten Ausdünnung am Vorderkopf. Geheimratsecken können zwar auch bei Frauen auftreten, erfolgen aber eher selten.Die Rolle von Androgenen (Testosteron und Dihydrotestosteron) bei männlichem androgenetischen Haarausfall ist klar. Welche genaue Rolle Androgene dagegen bei weiblichem kreisrunden Haarausfall spielen, ist weniger bekannt, da viele Frauen, die unter weiblichem androgenetischem Haarausfall leiden, keine hohen Testosteronwerte oder klinische Anzeichen von Hyperandrogenämie aufzeigen. Antiandrogene Therapien mit mehreren Wirkstoffen, wie beispielsweise Androgen-Rezeptorblockern wie Cyproteroneacetat und Spironolacton konnten bereits erfolgreich bei Frauen angewendet werden.

Antiandrogentherapie mit Finasterid

Typ II 5α-Reduktase ist ein Enyzm, welches hauptsächlich in der Prostata und in den Haarfollikeln vorkommt und das Testosteron in das stärkere Dihydrotestosteron umformt. Finasterid hemmt die Typ II 5α-Reduktase, was wiederum die Umwandlung von Dihydrotestosteron hemmt und die biologische Wirkung von Testosteron im Zielgewebe sinken lässt.

Finasterid wurde erstmals 1992 mit einer Dosierung von 5 mg/Tag für die Behandlung von beginnender Prostatavergrößerung bei Männern erlaubt. 1998 wurde Finasterid dann mit einer Dosierung von 1 mg/Tag (als Propecia®) genehmigt und für die Behandlung von androgenetischem Haarausfall bei Männern eingesetzt. Langfristige Behandlungen mit Finasterid zeigten eine Stabilisierung bzw. eine Stagnation des Haarverlustes bei mehr als 80% der betroffenen Männer. Bei 50% bis 75% der Männerkonnte das Haarwachstum sogar gesteigert werden. Ein möglicherweise erhöhtes Brustkrebs-Risiko durch die Einnahme von Finasterid bei Männern konnte bisher jedoch noch nicht ausgeschlossen werden. Der Einsatz von Finasterid bei weiblichem androgenetischen Haarverlust ist jedoch umstritten.

Finasterid bei weiblichem androgenetischem Haarausfall

Der früheste und größte Bericht über Finasterid bei Behandlung des weiblichen Haarausfalls war eine kontrollierte Studie mit postmenopausalen Frauen in den Wechseljahren mit normalem Testosteronserum. Für die Patientinnen wurde eine starke tägliche Dosierung oder ein Placebopräparat für die Dauer von 12 Monaten verabreicht.

Ergebnismessungen umfassten Haarzählungen, patienteigene Beobachtungen einschließlich derer Zufriedenheit mit dem Gesamterscheinungsbild des Haares, Bewertung des Haarwuchses im Vergleich zum Ausgangszustand und die fotografische Dokumentation und Beurteilung. Biopsien der Kopfhaut in Bereichen, die vom Haarausfall betroffen sind, wurden ebenfalls verwendet um die Wirkung von Finasterid auf das Haarwachstum zu bestimmen.

Finasterid-Behandlung |12 Monate

Nach der 12-monatigen Behandlung zeigte sich Finasterid nicht wirkungsvoller als das Placebopräparat. Trotz erheblicher Reduktion im Dihydrotestosteronserumsspiegel berichteten weniger als 20% der behandelten Patienten von einer Zufriedenheit mit dem Aussehen ihrer Haare. Die Behandlung wurde in der Regel gut angenommen und blieb ohne erkennbare signifikante Unterschiede zwischen Finasterid und Placebo bei den Nebenwirkungen.

Man spekulierte über das Ausbleiben einer Wirkung bei altersbedingtem Haarausfall bei Frauen. Jedoch wurde anschließend eine erfolgreiche Behandlung vom Haarausfall bei weiteren postmenopausalen Frauen gemeldet, wenn auch mit teilweise höheren Dosierungen und über einen längeren Behandlungszeitraum.

Finasterid-Behandlung | 18 Monate

Eine 67-jährige Frau mit einer 18-monatigen Krankengeschichte der progressiven Ausdünnung der Haare und keinem im Labor nachgewiesenen Hyperandrogenismus, konnte eine Antiandrogentherapie mit Spironolacton von 100 mg/Tag nicht helfen und ein Umsatteln auf Cyproteron mit 50 mg blieb ebenfalls unwirksam.

Eine Finasteridbehandlung mit 5 mg einmal wöchentlich wurde gestartet und nach 12 Monaten berichtete die Patientin von einer erhöhten Haardichte und eine standardisierte umfassende Fotografie von ihrer Kopfhaut zeigte ein signifikantes Haarwachstum.

Weitere Erfolge durch die Behandlung

Ähnliche Erfolge zeigten sich bei einer 51-jährigen Patientin mit einer 8-monatigen Krankengeschichte von progressivem Haarverlust und keinerlei im Labor oder der Klinik nachweisbarem Hyperandrogenismus. Eine Behandlung mit aktuellem Minoxidil 2% zeigte keinerlei Wirkung. Eine Behandlung mit täglich Finasterid 1 mg wurde begonnen, der Haarverlust stabilisierte sich nach etwa 8 Monaten und die Haardichte verbesserte sich im Vergleich zur Ausgangssituation nach 12 bis 13 Monaten.

Ahn et al berichtet von der Zufriedenheit der Patienten und Verbesserung durch Fotoanalyse bei neun von zehn postmenopausalen Frauen, die für 52 bis 82 Wochen mit 1 mg Finasterid täglich behandelt wurden. Schließlich berichteten fünf von sechs Frauen mit Haarausfall und normalem Testosteronspiegel (Durchschnittsalter 46,5 Jahre) in retrospektiven Fragebögen von Vorteilen und einer psychologischen Verbesserung bei einer Dosierung von 5 mg Finasterid täglich.

Frauen vor der Menopause wurden ebenfalls untersucht. Iorizzo et al berichtete von einer Verbesserung bei 23 von 37 Frauen vor der Menopause, die auf einer fotografischen Beurteilung in einer 12-monatigen Studie mit Finasterid 2,5 mg täglich (zusammen mit einem oralen Kontrazeptivum mit Drospirenon) basiert. Neunundzwanzig der Patientinnen berichteten von einer Verbesserung durch Selbstbewertung.

Es wurde vorgeschlagen, dass Frauen mit Hyperandrogenismus eher von Finasterid-Behandlung profitieren könnten. Jedoch ergab Finasterid uneinheitliche Ergebnisse in beiden Fällen, sprich bei vor- und postmenopausalen Frauen mit weiblichem androgenetischem Haarausfall in Verbindung mit Hyperandrogenismus.

Bei der kombinierten Behandlungsform mit 2,5 mg Finasterid/Tag und 30 ug Ethinylöstradiol/Tag für die Dauer von zwei Jahren, berichten 75 von 89 Patienten mit dauerhaftem Adrenarchsyndrom (offensichtlich durch Seborrhoe, Akne, Hirsutismus und Alopezie verursacht) von einer Verbesserung hinsichtlich ihres Haarverlustes. Die selben Beobachtungen wurden auch bei einer täglichen 2,5 mg bis 5 mg starken Finasterid-Behandlung gemacht, sowie bei einer zeitgemäßen Minoxidil-Behandlung bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Androgenspiegel, sowie bei androgenetischem Haarausfall im Stirn- und Schläfenbereich.

Tägliche Einnahme von 1,25 mg Finasterid förderte erfolgreich das Kopfhaarwachstum bei vier Frauen (im Alter von 36-66 J.) mit erhöhten Testosteronwerten (im Bereich von 3,4 bis 5,8 nmol/L) und klinischem Hyperandrogenismus. Eine Stabilisierung des Haarverlustes war bereits nach 6 bis 12 Monaten sichtbar, sichtbares Haarwachstum benötigte 6 Monate bis 2,5 Jahre. Weitere Merkmale von Hyperandrogenismus wie zum Beispiel Damenbart (Hirsutismus) verbesserten sich auch. Die Patienten wurden noch 24 bis 30 Monate weiter behandelt.

Wie sieht es aktuell mit Finasterid aus?

Lediglich zwei Studien, die aktuell Finasterid zur Bekämpfung von androgenetischem Haarausfall bewerten, konnten gefunden werden und nur eine davon bezieht sich ebenfalls auf Frauen.

Finasterid 0.005% wurde bei 52 Patienten mit Androgenetischer Alopezie untersucht, einschließlich 24 Frauen (Durchschnittsalter 33) in einer 16-monatigen einfachen, Placebo-kontrollierten Blindstudie.

Die Behandlung wurde zusammengesetzt aus 1 ml Lösung, die zwei Mal täglich auf die kahlen Stellen aufgetragen wurde. In den ersten 3 Monaten kam es zu keiner Reaktion auf die Behandlung, jedoch traten nach 6 Monaten zufriedenstellende, signifikante Unterschiede hinsichtlich der Haardichte auf im Vergleich zum Haarverlust bei dem mit Placebo behandelten Haar. Obwohl die Ergebnisse nicht nach Geschlecht getrennt wurden, zeigten alle Patienten am Ende der Studie eine sichtliche Reduzierung der kahlen Stellen auf und alle berichteten von wahrnehmbaren Erfolgen und bewerteten ihre Behandlung als mäßig (27%) oder sehr effektiv (73%). Die Behandlung wurde gut angenommen, ohne dass von örtlichen oder systemischen Nebenwirkungen berichtet wurde und ohne merklich das Testosteron – oder Dihydrotestosteronplasma zu beeinflussen.

Fazit

Es wurden jüngst Fortschritte im Verständnis der Haarfollikel-Physiologie und der Rolle von Androgenen beim menschlichen Haarwachstum erreicht, aber es bleibt weiterhin noch vieles unklar. Die Rolle von Finasterid bei Frauen mit androgenetischem Haarausfall ist immer noch umstritten. Teils gibt es Erfolgsmeldungen und dann wieder Berichte über Misserfolge. Manche Frauen mit weiblichem genetischem Haarausfall können von Finasterid profitieren, obwohl ein besseres Verständnis der Erkrankung und mehr Forschung hinsichtlich der optimalen Dosierung von Finasterid sowie mehr geeignete Kandidaten für die Behandlung notwendig sind. Die verwendeten Dosierungen variieren von 5 mg pro Woche bis 5 mg pro Tag, über einen Zeitraum von 6 Monaten bis zu mehr als 2 Jahren. Finasterid wurde bei vielen Dosierungsvarianten gut vertragen und es gibt nur wenige Berichte über Nebenwirkung aufgrund dieser Behandlungsmethode.

Die Hauptwarnung hierbei ist, dass Finasterid zur Verweiblichung von männlichen Föten führen kann. Eine Schwangerschaft sollte also vor Beginn der Behandlung mit Finasterid ausgeschlossen werden und während der Behandlung durch eine wirksame Empfängnisverhütung gewährleistet sein.

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Reza P. Azar, Ärztlicher Leiter

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Reza P. Azar

Reza P. Azar ist einer der Pioniere innovativer Haarausfallbehandlungen und der modernen Haarchirurgie. Seit 2008 leitet er das „Zentrum für moderne Haartransplantation", in dem er als Haarchirurg und Experte für Haarausfalldiagnosen, -therapien und -behandlungen tätig ist. Im Laufe der Jahre konnten bereits tausende Patienten mit Haarausfall-Problemen erfolgreich behandeln werden.

Durch Forschungsarbeiten und ständige Weiterentwicklungen prägt er die Entwicklungen der modernen Haarchirurgie. Seine fachliche Meinung ist regelmäßig in TV, Presse und Radio gefragt, zudem ist er Autor verschiedener Fachbeiträge und Fachbücher.

Die Erfolgsraten bei Haarausfallbehandlungen liegen bei über 90%. Seine jüngste Errungenschaft ist die Entwicklung der "IG-Haartransplantation", transplantierten Haarfollikel gehen nach der Transplantation in direktes Wachstum über und fallen nicht zunächst aus, eine Revolution in der Haartransplantation.